Posaunenchöre ohne Zukunftsperspektiven

„Wollen die aus der Kirche austreten?“
Diese Frage geistert seit einiger Zeit herum. Sogar eine Pfarrkonferenz Anfang des Jahres
hatte das zum Thema. Wir standen noch nie so im Mittelpunkt! In den vergangenen Jahren, als wir auf die Streichung der LPW-Stellen, die drohenden Sparmaßnahmen der Landeskirche und den drohenden Strukturabbau hingewiesen hatten, wurde das Thema auf Kirchenleitungs-Ebene gar nicht aufgegriffen. Jetzt steigt plötzlich das Interesse, wodurch? Am 1. April fand die Landesversammlung aller Posaunenchöre in Hessen statt. Dort wurden zwei Konzepte vorgestellt. Zuerst das „Konzept zur Verselbstständigung des Posaunenwerks“, das mit der Unterstützung vieler junger Menschen, die in ev. Posaunenchören sozialisiert wurden, erarbeitet wurde. Nachdem die Landesversammlung der Posaunenchöre im Vorjahr ein eindeutiges Votum abgegeben hatte, dass das Posaunenwerk in diese Richtung weiter denken soll, wurde eine musikalische und organisatorische Struktur erarbeitet, die auf die Förderung und den Erhalt evangelischer Posaunenchöre in Hessen, vor allem jedoch auf eine starke Nachwuchsgewinnung und -entwicklung abzielt. Schnell war klar, dass sich das Posaunenwerk dabei verselbstständigen sollte – nach dem Vorbild bspw. der Bayern oder Sachsen – um ähnlich wie ein kirchlicher Förderverein oder eine Stiftung (z. B. wie die EKHN – Stiftung) zwar von einer engen Zusammenarbeit mit der Landeskirche profitieren zu können, aber – vor allem von dem Wunsch nach Flexibilität getrieben – weitgehend finanziell und strukturell autark zu sein.

Das zweite Konzept war schnell vorgestellt: Alles soll so bleiben, wie es ist. Die Streichung
der LPW-Stellen, der Spardruck, der auch das Posaunenchorbudget im Zentrum Verkündigung betrifft, der Qualitätsabbau durch den Wegfall der Landesposaunenwarte ab nächstem Jahr (einmalig in Deutschland!) sei kein Grund zum Handeln. Das Konzept beschäftigt sich damit, wie dem Sterben der Posaunenchöre durch bessere Vernetzung entgegengewirkt werden kann. So war ein genanntes Beispiel, dass sich ein Posaunenchor, der nicht mehr spielfähig ist, doch einen Nachbarchor suchen solle, damit Auftritte wieder gespielt werden könnten.

Einige Beiträge sind mir von der dann folgenden Aussprache besonders in Erinnerung geblieben. Ein Pfarrer, der die Teilnehmer aufruft, der engagierten Jugend eine Chance und ihnen Gehör zu geben. Eine Präses, die noch einmal bekräftigt, dass die Jungbläserarbeit in Oberhessen sehr gut funktioniere, viele junge Menschen engagiert dabei seien und man doch sehe: es geht! Eine junge Oberhessin, die aus ihrer Ausbildung berichtet und wie stark sie durch diese Erfahrung selbst an die Kirche und den Posaunenchor gebunden sei.

Argumente dafür, warum man die Verselbstständigung nicht anstreben sollte, wurden nur
sehr schwach vorgebracht und waren eher mit Ängsten behaftet. „Wahrscheinlich
bekommen wir keinen Zuschuss von der Kirche mehr, wenn wir uns verselbstständigen“,
„wer soll die ganze ehrenamtliche Arbeit nur tun?“ oder „wer zahlt denn dann meinen
Chorleiter?“. Ein deutliches Zeichen dafür, dass die Posaunenchöre im Vorfeld von ihren
Bezirksvorständen kaum über die Thematik aufgeklärt wurden. Das Durchschnittsalter der
Veranstaltung war entsprechend und so wurde ein eindeutiges Votum gegen die
Verselbstständigung, gegen das Zukunftskonzept und was uns besonders trifft: vor allem
gegen die seit 20 Jahren aufgebaute und gut funktionierende Arbeit im Bezirk Oberhessen
abgegeben.

„Es kann doch alles so bleiben wie bisher.“
In Oberhessen denken wir da etwas anders. Wir zählen im Bezirk knapp über 60
Posaunenchöre. Schon lange gibt es einen großen Unterschied von Chor zu Chor
bezüglich Durchschnittsalter und Zukunftsfähigkeit. Gerade die Chöre, die sich dem
Ausbildungskonzept von LPW Albert Wanner angeschlossen haben, können von
erfolgreicher Jungbläserarbeit berichten. Der Förderverein besteht nun seit 7 Jahren und
leistet seinen Beitrag für eine funktionierende Nachwuchsförderung. Durch einen studierten Blechbläser an der Spitze und sein Netzwerk auf den Lehrgängen konnten diese Chöre auch qualitativ vorankommen bis hin zu Erfolgen bei Jugend Musiziert. Die Entscheidung auf der Landesversammlung zeigt, dass die Mehrheit der Posaunenchöre nicht wissen, dass sie das alles brauchen, um zu überleben. Das Posaunenwerk hat nun das Votum auf dem Tisch, dass Weiterentwicklung und Zukunftsfähigkeit überflüssig ist. Für die Posaunenchöre muss nichts weiter getan werden als stärkere Vernetzung zu fördern.

Quo vadis?
Das und andere Dinge würden wir gerne mit Euch besprechen. Wenn Ihr als
Posaunenchorbläser von diesem Thema zum ersten Mal hört oder wenn Ihr noch Fragen
dazu habt, dann ruft uns doch einfach an. Die Vorstände von Förderverein und Bezirk
stehen euch zur Verfügung. Am 21. August um 19:00 Uhr hat der Förderverein seine
Jahreshauptversammlung. Sollte Euer Chor schon Mitglied im Förderverein sein, wäre dort ein Austausch möglich.